Festhalten an Guttenberg schadet der Demokratie

Karl-Theodor Freiherr zu GuttenbergEr redet sich immer tiefer rein. Es sei „nicht bewusst mit Vorsatz getäuscht“ worden, sagte Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) heute in der Aktuellen Stunde des Bundestags. Angesichts von ungekennzeichneten Zitaten auf über 72 Prozent aller Seiten seiner Doktorarbeit ist es nun berechtigt, die Frage zu stellen, welche bewusstseinsverzerrenden Mittel zu Guttenberg denn genommen hat.

Die Affäre um zu Guttenberg beschädigt die Wissenschaft und die Demokratie. Wissenschaftler und Akademiker gelten in der Gesellschaft als besonders integer. Der Erhalt eines Doktortitels ist mit jahrelangem Forschungsaufwand und Literaturstudium verbunden. Ein Verstoß gegen die Sorgfaltspflicht ist kein Kavaliersdelikt.

Jedem Studierenden werden schon bei Benutzung der Wikipedia als Quelle die Ohren langgezogen. Ein Politiker darf aber kopieren, ohne dass es spürbare Konsequenzen gibt? Hier werden ganz klar falsche Signale gesendet. Mit dem Ablegen des Titels und einer lapidaren Entschuldigung ist es nicht getan. Guttenberg bezeichnetete die Vorwürfe letzte Woche noch als abstrus. Erst nachdem immer mehr Stellen seiner Doktorarbeit als Plagiat entlarvt wurden und er in die Enge getrieben wurde, gab er zu, Fehler gemacht zu haben.

Dieses Eingeständnis hätte früher kommen müssen. Es geht jetzt nicht darum, einen „beliebten und erfolgreichen Minister in den Dreck zu ziehen“ wie es Andreas Schockenhoff (CDU) der Opposition vorwarf. Es geht um den Verlust an Vertrauen in die Wissenschaft und vor allem in die Politik. Erst dementieren und wenige Tage später doch Fehler zugeben, schafft kein Vertrauen. Der Bundesverteidigungsminister hat damit jede Glaubwürdigkeit verloren.

„Begriffe wie Anstand und Ehrgefühl werden nur bemüht, weil sie das Publikum gerne hören will. Doch sie bedeuten nichts. Das ist nicht gut für die Demokratie.“ Stefan Kuzmany auf SPIEGEL online

Bundesregierung und Koalitionsparteien ziehen keine Konsequenzen daraus, dass ein Politiker, ein Minister aus ihren Reihen, betrogen und gelogen hat. Menschen haben Schwächen und Fehler, sonst wären sie keine Menschen. Guttenbergs Entschuldigung kam aber zu spät und schadet – im Gegensatz zu seiner persönlichen Einschätzung – sehr wohl der politischen Landschaft.

Wie soll der einfache Bürger einem Politiker vertrauen, wenn er gestern alles abstreitet, überführt wird, Fehler eingesteht, sich entschuldigt und weiter macht als wäre nichts gewesen? Mit der Affäre geht der Politik vielleicht das letzte gebliebe Fünkchen Vertrauen und Glaubwürdigkeit verloren. Ein unglaubwürdiger Minister hat in der Bundesregierung nichts verloren. Bitte reichen Sie ihren Rücktritt ein!

Foto: World Economic Forum swiss-image.ch/Photo by Sebastian Derungs // CC BY-SA 2.0

4 Kommentare


  1. Und wenn wir auf jeder Seite im Internet seinen Rücktritt fordern, Ihm jeden Samstag Schuhe an den Zaun vom Bendlerblock hängen…

    er wird zurückgetreten…

    Antworten

  2. Ein einsamer aber lobenswerter Beitrag in der Greifswalder Bloggerszene. Bisher nichts dazu in webMoritz, der dazu doch prädestiniert wäre.
    „Doktoranden der Universität Konstanz starteten eine Unterschriftenaktion und verfassten einen offenen Brief an die Bundeskanzlerin. Darin heißt es, Merkels Hinweis, sie habe Guttenberg nicht als Wissenschaftler eingestellt, sei eine „Verhöhnung“ aller Doktoranden, die auf ehrliche Weise arbeiteten. Bereits 15.000 Promovierte, Doktoranden und Studenten hätten unterzeichnet.“*
    http://offenerbrief.posterous.com/causa-guttenberg-offener-brief-von-doktorande
    Auch ein paar Greifswalder sind dabei!
    * SZ 27.02.11 Guttenberg-Affäre Schavan: Plagiatsaffäre ist keine Lappalie

    Antworten

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert