Leben im System Hartz IV: Tag 108 – Es ist vorbei

In der Artikelserie “Leben im System Hartz IV” schildere ich den alltäglichen Frust und die Schikanen des Jobcenters an Hand meiner eigenen Erfahrungen. Wer erst jetzt einsteigt, findet am Ende des Artikels Links zu den bisher geschriebenen Erlebnissen.

jobcenter Vorpommern-Greifswald Nord

Es ist vorbei. Das ist die gute Nachricht für mich. Schon seit Wochen ist es vorbei, doch erst jetzt schaffe ich es darüber zu berichten. Genau 108 Tagen (15 Wochen und drei Tage) hat mein Leben im System Hartz IV gedauert. Zum 1. September ist mein Arbeitsvertrag gültig geworden und damit die perverse Abhängigkeit vom Wohlwollen des Jobcenters vorbei.

Spontanes Arbeitsangebot

Zu meinem neuen Job kam ich sehr spontan und kurzfristig. Ich war mehrere Zeitzonen und tausende Kilometer entfernt, als er mir angeboten wurde. Von Ende Juli an war ich bis Ende August nur durch drei Tage unterbrochen im Urlaub. Den August verbrachte ich in Kanada. Das war mit dem Jobcenter abgestimmt und bis zur zulässigen Zeit von 21 Tagen Ortsabwesenheit floss Geld. Danach wurden die Leistungen eingestellt, bis ich mich wieder zurückmelden sollte.

Am Ende herrschte etwas Hektik. In der Dunkelheit eines kanadischen Campingplatzes schrieb ich meine Bewerbung für eine gerade freigewordene Stelle als Volontär beim Nordkurier. Kaum zurück in Deutschland fand schon das Vorstellungsgespräch statt und zwei Tage später kam die Zusage. Das war ein Freitag. Am Montag darauf ging es bereits los. Den Vertrag habe ich unterschrieben und arbeite nun in der Lokalredaktion des Nordkuriers in Anklam.

Nicht krankenversichert

Dennoch sollte der Ärger mit dem Jobcenter nicht zu Ende sein. 107 Tage nach der Antragstellung schrieb mir meine Krankenkasse. Dort hatte ich mich im Mai telefonisch gemeldet und mitgeteilt, dass ich nicht mehr freiwillig pflichtversichert, sondern beim Jobcenter gemeldet bin. Leider hatte es das Jobcenter nicht geschafft, mich bei meiner Krankenkasse anzumelden und Versicherungsbeiträge zu zahlen. Die Krankenkasse fragte daher bei mir nach. Ich solle bitte die Kopie eines Leistungsbescheid einreichen oder mitteilen, ob ich doch keine Leistungen beziehe. Mit der Krankenkasse konnte meine Mitarbeiterin vom Jobcenter eh nicht so richtig was anfangen und verstand anfangs nicht, dass es sich um eine gesetzliche Krankenkasse handelt.

Diese erneute Fehlleistung des Jobcenters bestätigt das Klischee, dass fast alle Bescheide fehlerhaft sind und man sofort Widerspruch einlegen sollte. Alleine mit der misslungenen Antragsbearbeitung und deren Richtigstellung ist man als Hartzer schon gut beschäftigt. Die Zustände sind einfach untragbar.

Fazit

Meine Zeit im System Hartz IV ist glücklicherweise vorbei. In den wenigen Wochen habe ich die Abgründe gesehen: Unmenschliche Behandlung, unfähige Mitarbeiter, reihenweise falsche Bewilligungsbescheide. Allen Politiker, die über das ach so gut funktionierende System Hartz IV jubeln, kann ich nur den Stinkefinger zeigen und einfach mal zum Selbstversuch raten.

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4 Kommentare


  1. „Diese erneute Fehlleistung des Jobcenters bestätigt das Klischee, dass fast alle Bescheide fehlerhaft sind und man sofort Widerspruch einlegen sollte.“

    Jetzt dürfte klar sein, das es sich eben nicht um ein Klischee handelt, sondern um die einfache Wirklichkeit.

    Ansonsten Glückwunsch zum Volontariat!
    Mal sehen, was aus dem Medienkritiker in der ebenfalls rauen Wirklichkeit der Lokalredaktion wird. Dazu alle guten Wünsche!

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  2. Hm. Ich bin durch Zufall hier gelandet.
    Meine Erfahrungen (direkt nach dem Studium) im Jobcenter Frankfurt am Main und danach eins in Sachsen waren absolut beeindruckt. Es lief reibungslos und professionell ab. Aber ich denke schon das einige JC massiv blocken und ihre „Macht“ nutzen um Kosten zu sparen.

    Jetzt bin ich selbstständig und merke das man gleichfalls anfängt Vorgänge bis aufs äußerste zu „optimieren“. Hehe, das ist das harte Leben. 😉

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