Das Thema brodelt seit Tagen und es ist schwer, sich eine eigene kritische Meinung dazu zu bilden. Ich habe selbst nach der Lektüre von mehreren Artikel nicht das Gefühl, in der Debatte um den Antisemitismusvorwurf gegenüber dem Verleger Jakob Augstein zu einem abschließenden Urteil gekommen zu sein. Dennoch möchte ich ein paar Links zur Meinungsbildung empfehlen.
- 2012 Top Ten Anti-Israel/Anti-Semitic Slurs: Mainstream Anti-Semitism Threatens World Peace: Stein des Anstoßes. Die Liste des Simon-Wiesenthal-Centers (SWC) mit den top zehn Antiisraelis und Antisemiten des Jahres 2012.
- Der Fall Augstein: Interessanterweise kommt Jan Fleischhauer Augstein zu Hilfe und erklärt die Liste mit den „Gesetzen der Aufmerksamkeitsökonomie“. Eine Nebeninformation: 2010 fanden sich neben Thilo Sarrazin auch Facebook und Twitter auf der Liste wieder.
- Broder diffamiert Augstein: Der Artikel will Augstein einzig allein mit dem „Argument“, dass das Simon-Wiesenthal-Center „den Lügen und Verleumdungen dieser trostlosen Witzfigur [Henryk M. Broder] aufgesessen ist“ von allen Vorwürfen freizusprechen.
- Ist Augstein nun ein Antisemit? Eine Textanalyse: Hier wird sich endlich intensiv und ausführlich mit den Texten Augsteins auseinandergesetzt.
- Was hat Augstein eigentlich geschrieben?: Eine Gegenüberstellung von Augsteins Texten und Definitionen aus dem Bericht des unabhängigen Expertenkreises Antisemitismus (eingesetzt von der Bundesregierung). Leider wurde im Text auf Publikative sehr schlampig gearbeitet, beispielsweise sind Auslassungen in Textzitaten nicht gekennzeichnet.
- Augsteins Israelkritik: Eine Frage der Obsession: Bessere Arbeit von Publikative, aber dennoch kann ich die verallgemeinernde These „Die Deutschen haben ein Problem, und das heißt nicht Israel, sondern die Obsession dem jüdischen Staat gegenüber.“ in keiner Weise teilen.
- Jakob Augstein und die regressive Israelkritik: „Zudem kann man an vielen Passagen in Augsteins Beitrag deutlich machen, wie eine Kritik an der israelischen Regierung, die so legitim ist wie die Kritik an jeder anderen Regierung dieser Welt, umschlägt in eine regressive Israelkritik, deren Abgrenzung zu antisemitischen Bildern oft sehr dünn ist.„
- „Das Zentrum hat nicht sauber gearbeitet“: Beitrag in den Tagesthemen vom 4. Januar 2013, in dem sich Augstein selber zu Wort meldet.
- „Das Wiesenthal-Zentrum kennt die deutschen Verhältnisse nicht“: Für Salomon Korn, Vizepräsident des Zentralrats der Juden, ist Jakob Augstein kein Antisemit.
- „Augstein sollte sich bei den Lesern und dem jüdischen Volk entschuldigen“: Rabbi Abraham Cooper, stellvertretender Direktor des SWC, im Interview mit der Zeit.
Updates
- „Nicht im selben Zimmer“: Der Spiegel wollte ein Streitgespräch zwischen Jakob Augstein und Abraham Cooper vom SWC abdrucken, doch dazu kam es nicht, weil Cooper erst eine Entschuldigung Augsteins wollte.
- Warum ich nicht mehr für den RBB kommentiere: Broder kann Freitags ausschlafen, da er nicht mehr für den RBB kommentiert. Der Link enthält sein persönliches Rumgeflenne dazu und zu Augstein. Denn seine Äußerungen zu ihm haben damit zu tun.
- Von Antisemiten und Antisemanten: Wenn endlich mal ein paar deutsche Topjournalisten Englisch verstehen könnten! Das WSC hat übersetzt die Top Ten der anti-semitischen bzw. anti-israelischen Verunglimpfungen im Jahr 2012 veröffentlicht und nicht die Top zehn Antisemiten.
Ergänzende Links in den Kommentaren sind gerne gesehen.
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Das Thema brodert oder Ergänzung!
Zwei Kollateralnutzen hat die Causa-Augstein, Broder kann am Freitag seiner religiösen Pflichten gemäß ausschlafen und die Hörer der RBB müssen den, der die Ausfälle Karl-Eduard von Schnitzlers zu Elogen macht, nicht mehr ertragen. 😉
Dass vermeintliche Linke wie Trampert (konkret*) sich auf die Seite Broders schlagen, macht alles nicht besser.
*Keinen Link, da ich dann garantiert im Spam-Filter lande.
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Beim BILDBlog heißt es, dass die Autoren der meisten Berichte/Kommentare zu dem Thema die Liste ganz falsch interpretieren. Anstatt „Die 10 schlimmsten Antisemiten weltweit“ sollte es sich bei „2012 Top Ten Anti-Semitic/Anti-Israel Slurs“ wohl eher um „Die 10 schlimmsten anti-semitischen bzw. anti-israelischen Verunglimpfungen im Jahr 2012“ handeln. Fragt sich nur ob sich nicht noch ganz andere Verunglimpfungen finden lassen, nur sind die dann (zum Glück) weniger medienwirksam.
http://www.bildblog.de/45022/von-antisemiten-und-antisemanten/
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Danke! Das zeigt doch nur, wie schlecht wir alle Englisch verstehen. Wobei ich über das Wort „Slurs“ schon gestolpert bin, nur den richtigen Kontext bzw. Bedeutung nicht erschließen konnte.
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Den Mitarbeitern von BILDblog sind Fehler unterlaufen. Die deutsche Presse liegt (vermutlich zufällig) nicht falsch. Das wird im folgenden Artikel dokumentiert:
http://hogymag.wordpress.com/2013/01/09/von-semantik-und-antisemantik/
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Im Interview mit der Zeit (“Augstein sollte sich bei den Lesern und dem jüdischen Volk entschuldigen”: Rabbi Abraham Cooper, stellvertretender Direktor des SWC, im Interview mit der Zeit.) werden Widersprüche offensichtlich. Diese werden im folgenden Artikel dokumentiert:
http://hogymag.wordpress.com/2013/01/09/widerspruchliches-von-abraham-cooper-swc-zu-augstein/
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Ein einseitiger ZAPP-Beitrag versucht das Thema noch einmal hochkochen zu lassen. Das wäre gar nicht nötig, denn die Deutschen sind berechtigterweise dazu verdammt sich damit ewig auseinander zu setzen.
Dass Fleischhauer, der sonst ein paar richtige Anmerkungen macht, auch noch die Gelegenheit erhält DIE LINKE in diesem Zusammenhang zu diffamieren, rundet diesen schon peinlichen „ZAPP-Tiefpunkt“ ab.
Anm. und Versuch: Es gibt noch eine Kurzfassung in der ZAPP-Sendung vom 16.01. ab 16:50 unter „ndr.de/fernsehen/sendungen/zapp/media/zapp5919.htm“, müsst Ihr Euch aber selber in die Adresszeile kopieren, da hier der Spam-Filter ab 2 Links zubeißt. 🙁
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„Wenn Israel ruft, beugt sich Berlin, Gaza ist ein Gefängnis“, das soll Augstein geäussert haben. Und wenn, was ist daran falsch?
Gaza ist ein großes Freiluftgefängnis oder wie könnte man Gaza bezeichnen.
Hierbei erinnere ich mich an einen FDP-Politiker, dem sein Geburtstagsgeschenk zum Verhängnis wurde- er erlag dem Freien Fall-Möllemann.