Facebooks Monopolmacht

Wer online ist, ist auch bei Facebook. 1 Milliarde Menschen nutzen das soziale Netzwerk inzwischen. Nur wenige verweigern sich bewusst dem Riesen. Dabei sprechen doch immer mehr Gründe gegen einen Account bei Facebook. Waren es erst Datenschutzbedenken, kamen bald Sicherheitsaspekte und nun Monetarisierungsversuche hinzu.

Wer bei Facebook dabei ist, benimmt sich wie der Frosch im Wasserglas, das langsam erhitzt wird: Er bleibt im Wasser, bis es ihn langsam zu Tode kocht. Im Wasserglas von Facebook blubbert es bereits kräftig.

SEITENBETREIBER UND PRIVATACCOUNTS MÜSSEN ZAHLEN

Betrachtet man die Entwicklung von Facebook, wurde schon lange angefangen, das Wasser zu erhitzen. Seit Sommer 2012 wurde dabei die Intensität erhöht. Im Juli kam raus, dass Facebook sich einen Dreck um das Briefgeheimnis schert und die Nachrichten der Nutzer automatisch auf der Suche nach Verbrechen scannt. Außerdem bekommen Ermittlungsbehörden von Facebook ein Formular zur Datenanfrage gestellt. Was Facebook rausrückt, ist unklar, doch ist Alles vorstellbar.

Ebenso im Sommer 2012 begann es, dass Statusupdates von Seiten nicht mehr allen Fans angezeigt wurden. Seiten müssen seitdem Geld dafür zahlen, damit mehr oder alle Fans ihre Statusupdates sehen. Die wenigsten User wissen davon und fragen sich wahrscheinlich, warum sie nicht mehr News von ihren abonnierten Seiten sehen. Außerdem sind die Promoted Post nicht auf den ersten Blick als Werbung zu erkennen (siehe Bild).

Gesponserter Post im privaten Facebook Newsfeed
So sieht ein gesponserter Post im privaten Facebook Newsfeed aus. Dabei wird erst auf den zweiten Blick deutlich, dass nicht der geschwärzte User den Status geteilt hat.

Gut, Konzerne können gerne dafür bezahlen, dass sie ihre Werbung verbreiten dürfen. Das ist in der Offlinewelt auch so. Doch was ist mit gemeinnützigen Vereinen und Ähnlichem? Facebook ist inzwischen für viele Organisationen die wichtigste Quelle von Besuchern ihrer Websites geworden und außerdem eine bessere Kommunikationsplattform als eine normale Website.

Die Wenigsten der Facebook-Nutzer werden allerdings Seitenbetreiber sein. Von daher ist dieses Ärgernis vielfach irrelevant. Doch falsch gedacht. In mehr als 20 Ländern darunter inzwischen auch den USA wird eine neue „Funktion“ getestet, die Promoted Post für Privataccounts. Das bedeutet im Klartext, dass man nun Geld dafür zahlen kann, dass mehr Freunde ein Statusupdate sehen. Ob vorher die Sichtbarkeit wie bei Fanseiten eingeschränkt wird, ist bisher nicht bekannt.

FACEBOOK MONETARISIERT BASISFUNKTIONEN

Sollte diese Funktion weltweit eingeführt werden, markiert das wohl möglich einen Dammbruch. Eine bisher kostenlose Funktion für Privatnutzer wird kostenpflichtig. Das hat doppelten Symbolwert und folgt der kapitalistischen Logik, alles einem monetären Wert beizumessen. Nun wird die Sichtbarkeit persönlicher Statusupdates mit Geld bewertet. Zeitgleich sortiert ein Filter und bewertet, welche Meldung relevant sind. Digitale Entmündigung.

Ein weiterer Kritikpunkt dabei ist, die entstehende Konkurrenzsituation zwischen Unternehmen und Usern, sowie zahlungskräftigen Usern und nicht so zahlungskräftigen Usern im privaten Newsfeed, die auch Jens Wiese von allfacebook.de sehr kritisch an der „Grenze des Zumutbaren“ sieht.

Facebook folgt der Logik des Marktes. Erst wird ein monopolartiger Zustand erreicht, dann wird das quasi Monopol ausgenutzt. Kostenlose Funktionen sind nun nicht mehr kostenlos. Es ist nicht falsch, Geld verdienen zu wollen. Die Möglichkeit per Facebook Geschenke zu Geburtstagen zu bestellen, ist eine durchaus sinnvolle Funktion.

Was kommt als nächstes? Vorstellbar wären zum Beispiel kostenpflichtige Veranstaltungen oder begrenzter kostenloser Speicherplatz für Fotos. Kurz- bis mittelfristig werden weitere Einnahmequellen aufgetan werden müssen, denn der Datenschatz reicht dem Unternehmen nicht aus, um Gewinne zu erwirtschaften.

Seit dem Börsengang und fallenden Aktienkursen hat Facebook es nötig den Shareholder Value zu steigern. Das geht anscheinend nicht über die normalen Werbeanzeigen. Mehr und mehr Nutzer greifen per App von mobilen Geräten auf Facebook zu. Mit der App funktioniert das alte Werbemodell nicht mehr. Selbst wenn zukünftig nur ein geringer Prozentsatz der 1 Milliarde User die Promoted Posts in Anspruch nehmen sollte, ist es natürlich eine enorme Gelddruckmaschine.

DIE ALTERNATIVEN STEHEN BEREIT

Noch gibt es Alternativen zu Facebook, doch Wechselbarrieren halten viele davon ab, ihren Facebook Account aufzugeben und komplett in ein anderes soziales Netzwerk zu wechseln.

Zu den größten Wechselbarrieren zählen:

  • Reichweite/Vorhandensein von Freunden: Sind keine oder nur wenig Freunde im Netzwerk, fehlt die soziale Interaktion und der Spaß. Dies kann nur umgangen werden, in dem man möglichst vielen Freunden mitteilt, dass man nun in einem anderen Netzwerk ist und sie bittet zu folgen.
  • Funktionsumfang: Spiele, Pinnwand, Freundeslisten, Fotoalben Veranstaltungen, Chat, Fanseiten & Co nicht jeder Konkurrent von Facebook kann damit herhalten. Wirklich nicht? Manch ein Konkurrent ist besser als sein Ruf und hat bessere bzw. benutzer- und datenschutzfreundlichere Funktionen als Facebook.
  • Gewöhnung: Der Mensch ist einfach faul. Hat er es sich eingerichtet, bleibt er. Doch neue Tapeten haben noch nie geschadet.

Wirkliches Potenzial zur weltweiten Konkurrenz haben nur Diaspora und Google+. StudiVZ/meinVZ und Andere haben ihre beste Zeit hinter sich und sind in ihrer Reichweite eingeschränkt. Internationale Kontakte kann man hier nicht pflegen. Nischennetzwerke wie Xing oder Linkedin im beruflichen Bereich können sicherlich noch weiter wachsen, aber nie Facebook beerben/ersetzen. Wer noch punkten könnte, ist das totgesagte MySpace, das gerade erst ein beeindruckendes Video des bevorstehenden neuen Relaunch gezeigt hat.

Die Alternativen stehen bereit, der Wechsel muss nur gewagt werden. Das Aufbrechen von Facebooks Monopol ist einfach, wenn genug mitziehen. Die Namen der Vorgänger Friendster, MySpace und studiVZ kennt heute schon kaum noch jemand. Face…was?

SOFORTMAßNAHMEN

Bedingt hilft erst mal das Anlegen von Interessenslisten, um wieder alle Statusupdates zu sehen. Aber wer macht sich die Mühe Listen anzulegen und dann auf diese zu klicken? Das ist schließlich ein Klick mehr als sonst.

Auf Startseite ist es möglich von „Hauptmeldungen“ auf „Neueste Meldungen“ umzustellen und so wieder ungefiltert Statusupdates zu sehen. Das funktioniert allerdings nur temporär und wird nach einiger Zeit von Facebook wieder zurückgesetzt, warum auch immer.

Außerdem sollte der Schritt gewagt werden, Alternativen auszuprobieren. Einfach mal bei anderen Netzwerken anmelden und sie testen. Mehr als es dort uninteressant finden, kann eigentlich nicht passieren. Und sonst ist da ja immer noch Facebook, das sich über jeden bleibenden (und zahlungswilligen) Nutzer im Wasserglas freut.

Screenshot: Oliver Wunder // Lizenz: CC-BY-NC-SA

2 Kommentare


  1. 57700
    Fratzenbuch ist nun mal an die Börse gegangen und hat den Anlegern im Vergleich zum Ausgabepreis aktuell (heute Mittag) einen Verlust von 57700 Diagonlaquerungen* eingebracht. Die Verluste waren schon mal höher. 😉
    Da muss sich der moderne Rattenfänger Zockerberg schon etwas einfallen lassen, denn mit jedem Cent fallendem Börsenkurs schwindet auch sein Vermögen.

    * ca. 7,51 Mrd €

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