Das perfekte Chaos – Bombenentschärfung und SEV

Chaos beim Schienenersatzverkehr in Schwerin Süd
Chaos am Samstag beim Schienenersatzverkehr in Schwerin Süd.

Zwei Reisebusse für ca. 500 Personen – passt niemals! Den Verantwortlichen bei der DB Regio für den Schienenersatzverkehr (SEV) war das anscheinend nicht ganz so klar wie den Fahrgästen. Am letzten Samstag endete der Regionalexpress von Hamburg nach Rostock bereits in Schwerin Süd, da wegen einer Bombenentschärfung die Strecke gesperrt war. Von Schwerin Süd sollten Busse nach Schwerin Hauptbahnhof fahren und die Fahrgäste zu einem bereitstehenden Zug nach Rostock bringen.

Die 75kg-Bombe aus dem Zweiten Weltkrieg wurde am Freitag in der Schweriner Feldstadt gefunden und am Samstag entschärft. Genug Vorlaufzeit also, um den SEV zwischen Schwerin Süd und Schwerin Hauptbahnhof zu planen. Mal abgesehen davon, dass die Bombe zu dem Zeitpunkt des beschriebenen Chaos bereits seit zwei Stunden entschärft war, glänzte die Bahn durch perfektionierte Unfähigkeit.

Der Regionalexpress aus Hamburg nach Rostock bestand aus fünf vollbesetzten Doppelstockwaggons. In einen Waggon passen maximal je nach Bauart zwischen 140 und 160 Fahrgäste. 500 Fahrgäste ist also schon eine sehr konservativ angesetzte Schätzung. Ich nehme mal an, die Bahn hat von ihren regelmäßigen Fahrgastzählungen wesentlich bessere Schätzzahlen. Jeder rational denkende Mensch würde nun für genau diese Anzahl den Schienenersatzverkehr planen.

Dass insgesamt nur zwei Busse in Schwerin Süd bereits standen und ein dritter kurze Zeit später auftauchte, zeugt von den Servicequalitäten der Bahn. Als sich der dritte Bus schnell füllte, drehte sich die Masse wieder Richtung Bahnhof. Die Strecke war freigegeben, ein Zug würde sie mitnehmen.  Allerdings erreichten nur die Personen aus Bus 1 und 2 in Schwerin den Anschlusszug nach Rostock. Alle anderen mussten auf den zwei Stunden später fahrenden Zug warten.

In sieben Jahren hab ich auf der Strecke Hamburg-Rostock-Stralsund-Greifswald nur drei wirklich ärgerliche Zwischenfälle miterlebt. Dieser setzte aber allen die Krone auf. Planungs- und Koordinationschaos deluxe. Ob jemand bei der Bahn draus lernt?

Foto: Oliver Wunder / CC-Lizenz

6 Kommentare


  1. „Perfekte Planung, viele Helfer und ein cooler Sprengmeister – die Bombenentschärfung in der Feldstadt verlief reibungslos. …“ Soweit im Teaser der SVZ.
    Und sonst: Ein guter Tag für stille Helden!!!
    Vielleicht mal kostenlos bei der Online-SVZ anmelden und einen Kommentar schreiben oder diesen Beitrag an die SVZ senden, Oliver?
    Die Suchmaschine der SVZ bringt kein Ergebnis zum offensichtlich katastrophalen Schienenersatzverkehr.

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  2. Wegen genau dieser Probleme war SEV bis vor wenigen Jahren völlig unüblich. Bauarbeiten wurden nachts und dezentral und möglichst ohne Störung der Betriebsabläufe durchgeführt. Weil das aber sehr teuer ist, macht’s die Bahn seit der Jahrtausendwende zunehmend anders und setzt jetzt doch auf Streckensperrungen und SEV. Nachteilig für die Kunden – aber eben billiger. Die aktuelle regionale Krönung ist die mehrmonatige Sperrung der Hauptstrecke Berlin-Rostock. In den Medien ist das bisher nie thematisiert worden, zu meinem großen Frust.

    (Auch wenn’s im vorligenden Fall natürlich nicht anders als mit SEV ging.)

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  3. @M.P.: Hab ich doch glatt gemacht!

    @Fleischervorstadt-Blog: 😀 So lange man am richtigen Tag ankommt, ist auch alles ok, finde ich.

    @G.K.: Du bist ja so ein getarnter Bahnprofi. Schade, dass es wegen angeblicher Kostenersparnis jetzt anders gemacht wird.

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    1. Da wurde nichts angeboten. Am Serviceschalter in Schwerin faselte die Dame immer etwas von „höherer Gewalt“ und rückte dann aber nach lautstarkem und vehementen Beschwerden durch den Pulk der Fahrgäste irgendwann 2 Euro-Verzehrgutscheine raus.

      Ich hab gestern schon einen Beschwerdebrief verfasst, anscheinend hat sich aber der Drucker mit der Bahn zusammengetan. Ausdrucken wollte er nämlich nicht. Dass ich als MV-Ticket-Nutzer auch Geld zurück bekomme, wusste ich noch gar nicht, werd das in den noch auszudruckenden Brief schreiben.

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