Nazis greifen Publikum im Kreistag Vorpommern-Greifswald an *Update*

Nazis abwählen

Es war ein friedliches Statement der Bürgerinnen und Bürger von Greifswald gegen die Nazis der NPD im Kreistag von Vorpommern-Greifswald. Mit einem Transparent und bunten Luftballons protestierten sie vor der Stadthalle und im Publikum des Kreistags gegen die Rechtsextremisten.

Gegen 16:30 Uhr verkünden die Piraten Greifswald, dass die Sitzung unterbrochen wurde und der Saal geräumt wird, nachdem es zu mehrmaligen Buhrufen gegen die NPD und Aufforderung zur Unterlassung seitens des Kreistagspräsidenten kam. Um 16:45 Uhr dann die Nachricht, dass die Sitzung als nicht-öffentlich deklariert wurde und die Polizei den Saal geräumt hat. Vorher griffen „Anhänger der rechten Szene“ das Publikum des Kreistags tätlich an. Dabei wurde auch die Kamera des Live-Streams der Piraten umgeworfen.

Laut Aussage von Augenzeugen seien während der Saalräumung auf ein mal 15 bis 20 schwarz gekleidete Personen auf die mit friedlichen Bürgerinnen darunter auch Kinder besetzte Empore der Stadthalle Greifswald gestürmt und gegen diese gewalttätig vorgegangen. Genauere Informationen gibt es zur Zeit nicht. Klar ist, dass die Anhängerschaft der NPD ihre hässliche Fratze gezeigt hat.

Update 17:23 Uhr: Um 17:18 Uhr wird die Sitzung des Kreistags durch Kreistagspräsident Michael Sack abgebrochen und vertagt.

Update 18:06 Uhr: Kommentare von Nazis werden sowohl hier als auch bei Facebook gelöscht. Spart euch die Mühe und denkt stattdessen mal lieber darüber nach, an was für einen menschenverachtenden Müll ihr glaubt!

Update 18:41 Uhr: Bei den Grünen findet sich eine ausführliche Bildergalerie, auf der auch der Zwischenfall dokumentiert ist. Gut zu sehen sind dort zwei glatzköpfige NPD-Kreistagsmitglieder, die bei den gewalttätigen Rechtsextremisten stehen. Weiß zufällig jemand, welche Abgeordneten das sind?

Zwischenfall Kreistag
Zwischenfall im Kreistag im Kreistag Vorpommern-Greifswald. Eingekreist die beiden Kreistagsmitglieder der NPD, die zwischen den gewalttätigen Nazis stehen. Foto: Ulrich Rose

Update 19:27 Uhr: Pressemitteilung des Kreisvorstand und der Kreistagsfraktion Vorpommern-Greifswald von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:

„Wir begrüßen die Proteste gegen die NPD im Kreistag Vorpommern-Greifswald, die auf der Sitzung am 5. Dezember geäußert wurden. Wir haben für den Unmut über die Neonazis seitens der Bevölkerung in Greifswald und der Region Verständnis.
Die Gewaltbereitschaft der NPD-Anhängerschaft vor und auf der Sitzung war deutlich erkennbar. Sie kam verbal und auch durch Handgreiflichkeiten zum Ausdruck. Ein Kreistagsmitglied wurde angerempelt und verbal bedroht. Mehrere Besucher_innen berichteten von ähnlichen Vorfällen.
Eine Saalräumung wurde von den meisten Anwesenden einkalkuliert, auch wenn sie im Umfang überzogen war. Dabei lief die Räumung völlig friedlich und konfliktfrei ab. Somit wäre auch eine Fortsetzung der Sitzung mit Publikum aus unserer Sicht problemlos möglich gewesen. Der Abbruch der Sitzung war hingegen unnötig, immerhin aber besser als eine Fortsetzung vor leeren Rängen.
Letztlich kam das Problem unserer Region, nämlich die starke Präsenz rechter Ideologie und Demokratiedefizite, deutlich zum Ausdruck. Was daher künftig auch stärker thematisiert werden muss, ist der oftmals unkritische Umgang mit der NPD an vielen Stellen.
Wir gehen davon aus, dass die unterbrochene Sitzung bald in Greifswald fortgesetzt wird.“

Der NDR berichtet auch über den Vorfall.

Update 23:30 Uhr: Aussage eines Augenzeugen, der sich den hereinstürmenden Rechtsextremen an einer Engstelle in den Weg gestellt hat: „Erst hab ich so einen Schubser bekommen, dass mir die Brille von der Nase flog, dann drohte man mir: ‚Wenn du nicht zur Seite gehst, fliegst du!‘ Zum Glück wurde niemand von der Empore runter geschubst, das hätte schnell passieren können.“

Update 06.12.2011 15:43 Uhr: Bei den NPD-Kreistagsabgeordneten auf dem Bild oben handelt es sich um Kristian Belz und Dirk Bahlmann. Mehr in Kürze.

Update 07.12.2011 11:30 Uhr: Lesen: Kreistagsmitglied Dirk Bahlmann (NPD) im Kreistags-”Tumult”

40 Kommentare


  1. Bezeichnend finde ich Leute, wie David Wulff von der FDP, die die rechten Schläger komplett unterschlagen und sich über engagierte Bürger empören. Ich dachte die Letzten mit der „auf dem rechten Auge blind“-Einstellung wären nach den jüngsten Ereignissen zur Vernunft gekommen. Nur wegen eines drohenden Shitstorms auf seiner Facebookseite hat der Mensch die Nazigewalt erwähnt. Aber anscheinend ist die nationalliberale Schiene die einzige Möglichkeit, um sich als FDPler überhaupt noch profilieren zu können, nachdem die Piraten sich als sozialliberale Bürgerrechtspartei etabliert haben. Ich hoffe, dass diese selektive Wahrnehmung des Herrn Wulff nur darauf abzielte ins Gespräch zu kommen, da er sich mit seiner Partei mittlerweile in der Bedeutungslosigkeit wiederfindet und nicht sein Weltbild widerspiegelt.

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  2. @Herruin: Wenn ich Wulff richtig verstanden habe, fand er es nicht richtig, dass der Redebeitrag eines NPD-Abgeordneten wiederholt von Zwischenrufen unterbrochen wurde – und damit hat er nun mal Recht. So sehr einen die Neonazis auch zu Recht stören mögen, solange die Partei (noch – das wird sich ja hoffentlich bald ändern) nicht verboten ist, haben ihre Abgeordneten nun mal ein Rederecht. Undemokraten kann man nicht dadurch begegnen, dass man selbst undemokratisch agiert. Dass es dann bei der Räumung offenbar zu einem Übergriff durch Nazi-Schläger kam, ist damit ja keineswegs entschuldigt – und so habe ich Wulff auch absolut nicht verstanden, von daher ist er sicher das falsche Ziel für wütende Kommentare – arbeitet euch doch besser an der NPD ab…

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  3. Fakt ist, dass er erst nach zahlreicher und heftiger Kritik auf die Nazischläger eingegangen ist und dies vorher komplett verschwiegen hat. Genau das Zeichen sendet man mit dieser Art von selektiven Äußerungen.

    Ich finde es jedenfalls sehr bedenklich, dass man sich eher über ein paar „Buh“ Rufe empört, anstatt gewalttägige Übergriffe von Nazischlägern zu verurteilen.

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    1. also ich finde wenn man schon fdp bashing spielen will dann richtig 😀
      wenn man es ganz genau nimmt ist er in seinen facebook kommentaren gar nicht auf die nazischläger eingegangen…
      also das macht ihn doch mindestens auch zu einem oder?

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  4. Natürlich ist das kein demokratisches Mittel eine parlamentarische Sitzung zu stören.
    Auf der anderen Seite ist gegen Nazis zu sein weder links noch extrem, sondern vernünftig.

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  5. Auf den Fotos ist unter den Nazis auch eindeutig Hannes Welchar, Fraktionsvorsitzender der NPD im Kreistag Mecklenburgische Seenplatte, zu erkennen!

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  6. Ach warum immer gleich Nazi-Kommentare löschen?
    Erstens ist der Unsinn den die von sich geben das beste Argument gegen sie und zweitens hat man da doch recht oft was zu lachen.

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    1. Ich lösch sie nicht, ich lasse sie einfach nicht zu. Das ist mein gutes Hausrecht. Auf eine Diskussion mit denen lasse ich mich nicht ein. Wer den Trollen erst mal Raum gibt, bereut es ganz schnell. Außerdem sind die Kommentare oft subtil und nicht eindeutig als rechtsextrem zu erkennnen, was zur Taktik der Anbiederung passt.

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    2. Keine Plattform für Nazis………
      ….. ich will und kann nicht einmal über ihren Mist lachen !!!

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  7. Es ist einfach unglaublich peinlich fuer die deutsche Politik diese braunen Nichtsnutze nicht unter Kontrolle zu bekommen… Ich bin froh das meine Heimatstadt Nazifrei ist und werde weiterhin dafuer beten und alles andere Menschenmoegliche tun (was man von von Afrika aus tun kann)

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  8. Echte Demokraten müssten Nazis als „ganz normal“ akzeptieren, meint Kreistagspräsident CDU Sack.
    Tja schwarz und braun unterscheiden sich halt kaum noch in ihren Ansichten.

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  9. Wow, da haben sich ein paar „Aktivisten“ einen Bärendienst erwiesen. Mal sehen ob das als freie Meinung oder rechte Äusserung gewertet wird aber nach Lektüre der einschlägigen Medien, voran die Ostseezeitung und NDR frage ich mich warum hier ebenfalls sehr einseitig berichtet wird. Während viele Blogger von Gewalt seitens der NPD & Co. liest schreiben alle journalistisch geprägten Medien von Tumulten, zu denen im Internet aufgerufen wurde, bereits vor der Sitzung. Diese Tumulte gingen von den „Aktivisten“ aus.

    Was ist das Ziel? Die NPD ist eine demokratisch legitimierte Partei. Das hab ich mir nicht ausgedacht, aber es soll Menschen geben, die die NPD gewählt haben. Und jede Sitzung zu verhindern würde politische Handlungsunfähigkeit insgesamt auslösen. Das erinnert mich an unsere Vergangenheit.

    Was dort geschah darf in einer Demokratie nicht passieren. Warum sorgen die „Aktivisten“ nicht dafür, die Ursachen zu beseitigen anstatt dafür zu sorgen, dass der Name der Krankheit verboten wird?

    Denn mir ist es egal welche politische Ansicht der Mob hat, der eine demokratische Sitzung verhindert. Ich möchte solche Zustände nicht.

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    1. Die OZ war anfangs mit einem Fotografen vor Ort, veröffentlichte selber aber nur eine DPA-Meldung. Der NDR war auch nicht vor Ort. Kein klassisches Medium war dort und konnte sich ein eigenes Bild von den Vorkommnissen machen.

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      1. Die Piraten waren dort. Du hast selbst folgene Mitteilung retweetet:

        Piraten_HGW Piraten KV RegionHGW
        —Kreistag wird unterbrochen wegen Buhrufen gegen NPD. Saal wird geräumt.——
        vor 20 Stunden

        Ich komm echt nicht klar mit solcher Verdrehung der Tatsachen. Das löst grössten Unmut in mir aus. Die Sitzung wurde abgebrochen weil die Aktivisten sich nicht an die Hausordnung halten wollten.

        Oder war es etwa anders..?


      2. @Martin: Es ist richtig, dass die Sitzung wegen der Buh-Rufe unterbrochen wurde.

        Zu den Tumulten kam es aber nur durch die Gewalt der Neonazis.

        Die Buh-Rufe muss schon jeder für sich werten, ich finde eine Wertung als Bärendienst zumidnest nicht illegitim…Das wird sich jedoch auch noch zeigen müssen.


  10. David Wulff gestern Abend:

    „Die Ursache des Sitzungsabbruchs lag nicht bei den Nazis. Ich freu mich ja auch nicht darüber, dass die NPD in den Parlamenten sitzt, aber die wurden nunmal gewählt, demokratisch und rechtstaatlich. Das gefällt uns allen nicht, aber nur mit Pfiffen und Buh-Rufen bekommt man die NPD Wähler auch nicht vom Gegenteil überzeugt. Das tolle ist jetzt, dass Beschlüsse zur Kreissportsatzung und Strukturen der freiwilligen Feuerwehr nicht gefasst werden konnten. Was sicherlich mehr gegen Nazis ausgerichtet hätte, als dieser tolle Protest.“

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    1. und hier liegt david auch falsch. der abbruch ist erfolgt, weil es keine rechtssicherheit gibt, wenn beschlüsse unter ausschluss der öffentlichkeit stattfinden.

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      1. Ich halte mir ein Auge zu und seh nur was ich will…

        Ursache und Wirkung muss man nicht unnötig komplizieren. Hätten die Störer nach der zweiten Ermahnung aufgehört wäre es wahrscheinlich nicht zu einer Räumung gekommen. Die „Aktivisten“ haben sich gegen Recht und Ordnung gestellt. Das war von vornherein einkalkuliert.

        Und immer im Blick behalten, NPD ist nur der Name der Krankheit. Die Ursachen liegen ganz woanders. Und mit jeder weiteren Nebelgranate wie dieser hier geraten die tatsächlichen Ursachen, warum überhaupt die NPD gewählt wird weiter aus dem Blickfeld. Man kann sich natürlich mit akademischer Arroganz hinstellen und sagen, die sind alle dumm. Gelöst wird so auch kein Problem.


      2. Wie ich oben schon schrieb: Das mit den Buh-Rufen muss jeder für sich werten.

        Ich verstehe nicht, warum du mir da jetzt Einäugigkeit vorwirfst.


  11. Wo bitte unterstellst du mir da Tatsachenverdrehung? Buhrufe, Unterbrechung, Räumung, alles habe ich erwähnt.

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    1. Ich nehme an, die Frage geht an mich. Meine Äusserung war nicht auf Dich bezogen, eher darauf, wie die Dinge insgesamt von der Szene dargestellt und interpretiert werden. Bei solchen „Skandalen“ vergessen viele, dass die NPD von den Menschen im Land gewählt wurde. Und in unserem Fall ist es für mich so, dass eine wehrhafte Demokratie eben auch andere Meinungen ertragen muss. Alles andere ist ein Zeichen von Schwäche.

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      1. Nein, ich hoffe wir müssen menschenverachtende Meinungen, Hetze und Gewalt nicht ertragen.



  12. Warum sprichst Du von Gewalt? Mir geht es um Worte. Ausgedrückt als persönliche Meinung. Und in einer demokratischen Gesellschaft prallen eben die unterschiedlichsten aufeinander. Und gewählte Volksvertreter im Parlament vom Reden abzuhalten mag zwar der ein oder andere ganz lustig finden. Ich finde es nicht gut. Beim nächsten Mal kommen dann irgendwelche Faschoidioten und stören die Äusserungen der Linken oder was weiß ich. Ganz friedlich, sie lassen nur kein Wort zu. Das ist der Overkill für ein Parlament.

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    1. Warum ich von Gewalt spreche? Weil das nach eigener Erfahrung bei den Nazis immer dazugehört.

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  13. Hier mein letzter Kommentar zum Thema. Ist aus der heutigen OZ und trifft meine Meinung vortrefflich. 🙂

    ——–Schlecht für Greifswald————

    NPD-Abgeordnete im Kreistag sind eine traurige Wahrheit. Banner vor der Stadthalle, überfüllte Zuschauerränge und bunte Luftballons mit der Aufschrift „Greifswald nazifrei“ machen da Hoffnung. Eine schöne Aktion waren auch die Luftballons, die durch den Kaisersaal flogen, als der Kreistagspräsident die Aktivisten aufforderte, sie wegzulegen. Doch dass die anhaltenden Buh-Rufe schließlich zum Abbruch der Sitzung führten, ist schlecht. Schlecht für die Demokratie und schlecht für Greifswald.
    Der neue Großkreis steht vor einem Mammut-Berg an Aufgaben. Mehr als 60 Abgeordnete — mit zum Teil sehr weiten Wegen — mussten gestern unverrichteter Dinge nach Hause fahren. Greifswald als Sitzungsort hingegen ist von nun an mit Tumulten und Stagnation der politischen Arbeit verknüpft. Dabei ist niemandem geholfen, wenn der Protest die parlamentarische Arbeit lahmlegt.

    Katharina Degrassi

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    1. Aus Gründen des Urheberrechtsschutzes bitte ich darum, keine kompletten Texte zu kopieren.

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      1. Wird in Zukunft berücksichtigt.




  14. Außer dem Gastbeitrag (!) in der OZ von Rainer Dambach (http://www.ostsee-zeitung.de/ozdigital/archiv.phtml?param=news&id=3314528 ; der link ist lkeider nur für Abonnenten der OZ) gibt es jetzt auch eine „positive“ Pressereaktion im Nordkurier von Christoph Schoenwiese ( http://www.nordkurier.de/cmlink/nordkurier/lokales/pasewalk/kommentar-etwas-chaos-steht-dem-kreis-ganz-gut-1.363394 ). Erstaunlich, wie lange die Lokalzeitungen brauchen, um von ihrem hohen Roß herunterzukommen, was die Berichterstattung pro Nazis und pro Nazi-Tolierierende angeht…

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