Schon etwas älter. Ein Lied über ein fiktives (siehe Kommentar) rechtsextremes Mädchen aus Greifswald. Angesichts der vielen Stimmen für die NPD im neuen Großkreis Vorpommern-Greifswald vielleicht wieder ganz aktuell.
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Wow, das Video kannte ich gar nicht, obwohl ich das Lied schon seit einigen Jahren immer mal wieder höre. Danke dafür!
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Bitte! Interessant ist, dass in keinem Moment Greifswald gezeigt wird. Aber dennoch das Klischee vom Plattenbau-Osten bedient wird.
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OSTSEE-ZEITUNG:
Donnerstag, 12. Oktober 2006 – Mittendrin
Rock über Rechts
In „Mädchen aus Greifswald“ thematisieren TempEau rechte Gewalt. OZelot sprach mit Jan Plewka.
OZelot: Wie bist du darauf gekommen, den Song „Mädchen aus Greifswald“ zu schreiben?
Jan Plewka: Ich habe vor fünf Jahren einen Artikel über ein NPD-Mädchen gelesen, das in
Greifswald vor den Schulen steht und Flugblätter verteilt, auf denen etwa die Auschwitz-Lüge
verbreitet wird. Zu dem Artikel habe ich mir Notizen gemacht. Ein paar Jahre später war ich in
Ostfriesland und habe erfahren, dass dort eine nationalsozialistische Gruppierung mit Songs von
Ton Steine Scherben oder den Ärzten die Jugend rekrutiert. Dabei sind mir meine Notizen wieder
eingefallen, und ich habe „Mädchen aus Greifswald“ geschrieben. In diesem Jahr sind wir in
Greifswald aufgetreten – tatsächlich stand dort immer noch das Mädchen.
OZelot: Hast du mit ihr gesprochen?
Jan: Nein. Aber wir sind mit einem Sozialarbeiter durch Greifswald gegangen. Dort hat man sich
sehr um die Jugendkultur gekümmert und Aufklärung betrieben. Traurig ist nur, dass wieder
Jugendclubs schließen, weil Gelder gekürzt werden. Stattdessen bilden sich immer neue
schlagende Verbindungen, denen in Greifswald die schönsten Häuser gehören.
OZelot: Überall liest man, dass prügelnde Glatzen durch gut gescheitelte Parteimitglieder ersetzt
werden, die
als eine Art Sozialarbeiter auftreten.
Jan: Ich weiß, dass die NPD mit ihrer Nationalen Jugendarbeit Kanu-Touren veranstaltet oder
Feste, wo alle hingehen, weil es umsonst Bier gibt. Oder der rechte Nachwuchs verteilt kostenlos
CDs an Mitschüler. Die linke Szene hat zwar Compilations wie „Rock gegen Rechts“
herausgegeben, aber die wurden wahrscheinlich von Lehrern an Schüler verteilt. So was muss
aber von unten kommen.
OZelot: Was hast du gedacht, als du vom Wahlerfolg der NPD in MV gehört hast?
Jan: Ich war schockiert, obwohl es vorauszusehen war. Als wir in Ostdeutschland waren, habe
ich auch nur NPD-Plakate gesehen, nichts anderes. Die haben riesige Macht durch die Mischung
aus Einschüchterung und bürgerlichen Festen mit kostenlosem Bienenstich und Kaffee.
OZelot: Wie haben die Greifswalder aufs „Mädchen aus Greifswald“ reagiert?
Jan: Als wir in Greifswald auftraten, haben einige Leute gefragt, warum wir ihre Stadt als braunen
Hort darstellen. Dann habe ich erzählt, dass ich das Lied vor einigen Jahren geschrieben habe
und die Situation eine andere war. Das haben sie verstanden.
OZelot: Kündigt ihr das Lied besonders an?
Jan: Meistens sage ich, dass man mit Liedern nicht die Welt verändern kann. Aber vielleicht
verändern sie wenigstens einen selbst, man betrachtet die Welt mit anderen Augen und singt
dagegen an, was einem nicht passt.
25
OZelot: Nach einem Auftritt mit „Mädchen aus Greifswald“ bei Sarah Kuttner schienst du sehr
irritiert zu sein, weil Sarah sagte, das Lied löse bei ihr „romantische Gefühle“ aus.
Jan: Ich war auch irritiert. Als das Lied zu Ende war, sagte Sarah Kuttner: „Ach, dieses Lied, und
so romantisch und ach mein Freund.“ Ich war perplex und musste irgendwas dazu sagen, dass
das ein Lied über das traurige Abrutschen in die rechte Szene ist.
OZelot: Würde das Lied auch als „Junge aus Greifswald“ funktionieren?
Jan: Nein. Und das ist ja das Gemeine, dass ein Mädchen vor den Schulhöfen steht und braune
Lügen verbreitet. Besonders, wenn man weiß, wie sehr die Mädchen von der Nationalen Jugend
ausgebeutet werden und wie rückständig das Frauenbild der NPD ist.
OZelot: Neben TempEau trittst du momentan auch Solo mit Rio Reiser-Liederabenden auf.
Welches Lied von Rio Reiser würdest du einem Neo-Nazi vorsingen?
Jan: „Wann“ von der Platte „Blinder Passagier“. Es ist ein Lied, das auffordert, aus dem Kreislauf
auszubrechen – aber mit Liebe, nicht mit Hass.
Interview: H. STEINKUHL
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Danke für den Artikel und das Wühlen im OZ-Archiv!!! Ich hatte noch im Hinterkopf, dass es ein Statement von Jan Plewka dazu gab.
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Warum sollte sich auch eine Kamera in den „Osten“, geschweige denn nach Greifswald, verlieren.
Aber trotz alledem ein schönes Lied, vorallem da ich das Video auch noch nicht kannte. Ist das Original von Tempeau ?
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Ja, das stammt genauso von Tempeau.
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Nicht schlecht das Lied