Die Werber der Bundeswehr im Moritz Magazin

treff.bundeswehr.de LogoEs ist keine Frage des rechtlichen Dürfens. Es ist eine Frage des Gewissens und der Ethik. Darf die Bundeswehr im Studierendenmagazin Moritz Magazin ihre Jugendseite treff.bundeswehr.de bewerben?

In der aktuellen Ausgabe 82 des Moritz findet sich eine bereits verlinkte Anzeige der Bundeswehr. Den Titel „Nepper, Schlepper, Bauernfänger!“ wählte ich deswegen, weil mich die Werbung an das Lied „Der Werber“ von Arno Claus erinnerte. Dort heißt es in Strophe zwei und drei:

[…]

Ein Mann mit einem Federhut rief: „Männer! Hört mir zu! Ich verspreche euch Geld und Gut und Ehre noch dazu! Der Kaiser braucht euch, reiht euch ein! Hängt nicht an Weib und Haus! Es wird auch gar nicht lange sein – zieht mit ins Feld hinaus!“

Im Wirtshaus war das Trinken frei, bezahlt mit des Kaisers Gold. Und während dieser Zecherei trat mancher in des Kaisers Sold. Gab seiner Braut den Abschiedskuss, versuchte als Soldat sein Glück, sah nicht des Werbers Pferdefuß und kommt nicht mehr zurück.

[…]

Bundeswehrsoldat. Foto: barockschloss via Flickr CC BY-SA 2.0

Zwar bewirbt die Bundeswehr „nur“ ihre Jugendseite, die über die Bundeswehr informiert und auch eine Community – eine Art BundiVZ – bereitstellt. Doch geht es klar darum, hier Menschen für den Dienst an der Waffe anzuwerben.

„Wieso wirbt die Bundeswehr in einem Studierendenmagazin? Wir sind doch garnicht die Zielgruppe.“ Dieses Argument lässt sich teilweise entkräften. Seitdem das Abitur nach 12 Jahren eingeführt wurde, wechseln nach der Schule auch sofort die meisten jungen Männer direkt auf die Universitäten. Der Wehrdienst, wenn er denn abgeleistet werden muss, kommt also teilweise noch nach dem Studium. Die Bundeswehr findet an den Unis also nicht nur Kriegsdienstverweigerer, Ausgemusterte, Ehemalige Soldaten, studierende Soldaten, sondern auch Nachschub für die Truppe vor.

Der Nachschub darf dann auch in Krisengebiete zum Kampfeinsatz, wenn er sich dazu verpflichtet. Dabei kann es durchaus zu Verletzungen kommen. Wie traumatisierend das sein kann, hat mir mein Opa gezeigt. In meiner Kriegsdienstverweigerung begründete ich meine Verweigerung auch hiermit:

Als ich 12 war, erzählte mir mein Opa, warum er so merkwürdige Narben auf seinem Rücken hat. Er hatte sie sich im 2. Weltkrieg zugezogen. Die Verletzung war so schlimm, daß 2 Kugeln noch immer in seinem Körper sind, da man sie nicht rausoperieren konnte. Als er in den Krieg mußte, war er erst 16. Ich war total schockiert darüber, daß so ein junger Mensch in den Krieg ziehen mußte, um andere junge Menschen, mit denen er vielleicht lieber befreundet sein wollte, zu töten. Mehr wollte mir mein Opa nicht über den Krieg erzählen, da es so schrecklich für ihn war. Damals faßte ich den Entschluß, daß ich nie Soldat werden möchte.

Sicher Anzeigen bringen Geld. Aus diesem Grund habe ich hier auch Anzeigen geschaltet. Anzeigen mit speziellen Inhalten lehne ich aber ab und werden garnicht erst geschaltet. Teilweise hat das leider nicht ganz so gut fuktioniert, z.B. als Google AdSense kontextbezogene Werbung zu einem Artikel über Thor Steinar schaltete und dort ein Neonaziversand auftauchte. Bemerke ich aber Verletzung meiner selbstgesteckten Anzeigenrichtlinie, handel ich sofort.

Meiner Meinung nach hätte man auf das Geld verzichten müssen. Wurde nicht auch der Moritz Medien Etat für 2010 deutlich erhöht? Es gibt mehrere Gründe wieso ich im Moritz Werbung für die Bundeswehr ablehne.

ISAF-Soldaten in Afghanistan. Foto: isafmedia via Flickr CC BY 2.0

Ich bin Kriegsdienstverweigerer aus Überzeugung. Das hat mit meiner gewaltfreien Erziehung zu tun. Das wichtigste dabei war, rücksichtsvolles und tolerantes Verhalten gegenüber meinen Mitmenschen zu erreichen und das haben meine Eltern und die Gesellschaft geschafft. Gewalt ist meiner Meinung nach niemals das Mittel zur Lösung eines Konfliktes. Die Gewalt, die eine Armee einsetzen muss, hat zwangsläufig mit dem Töten von Menschen zu tun. Das lehne ich vehement ab.

Der Bundeswehreinsatz in Afghanistan hat uns in den letzten Monaten deutlich gezeigt, dass die Bundeswehr diese Gewalt einsetzt und dabei auch unschuldige Zivilisten tötet. Die umstrittene Bombardierung von zwei entführten Tanklastern in der Nähe von Kunduz demonstrierte, wie unsere „Verteidigungsarmee“ (Artikel 87 a Abs. 1 GG) inzwischen handelt. Deutschland ist im Krieg, auch wenn das die Politiker aus verfassungsrechtlichen und anderen Gründen vermeiden zu sagen.

Ich habe einmal versprochen, dem Frieden zu dienen und mich für die Gemeinschaft einzusetzen, in der ich lebe. Daher kann ich die jetzige „Arbeit“ der Bundeswehr nur ablehnen. Die Anwendung von Gewalt führt immer nur zu noch größerer Gegengewalt. Es entsteht ein Teufelskreis, der zur Folge hat, dass ein Konflikt niemals gelöst wird und er ständig neue Opfer fordert. Ein dauerhafter Friede kann nur dann erreicht werden, wenn Konflikte rücksichtsvoll im gegenseitigen Dialog gelöst werden.

Sicher, gewaltlos hätten die Allierten niemals Hitler besiegen und Deutschland vom Nationalsozialismus befreien können. Das ist ein Paradoxon in meiner Argumentation und ich bin da auch noch zu keinem befriedigendem Schluß gekommen, da ich die Befreiung von den Nazis den Allierten hoch anrechne.

Also auf den Punkt gebracht: Die Bundeswehr setzt Gewalt zwangsläufig ein. Es geht um die Rekrutierung junger Menschen, die eventuell auch in einen Kampfeinsatz geschickt werden. Beides lehne ich ab. Außerdem hätte ich aus Pietät gegenüber den Opfern der Tanklaster-Bombardierung die Anzeige abgelehnt.

Fotos: Logo: Bundeswehr, Soldat: http://www.flickr.com/photos/barockschloss/ / CC BY-SA 2.0, ISAF-Soldaten: http://www.flickr.com/photos/isafmedia/ / CC BY 2.0

9 Kommentare


  1. Auch wenn ich mit deiner Argumentation in einigen Punkten nicht einverstanden bin, freue ich mich, dass es im Gegensatz zu der vorhergehenden leicht angeheizten Twitter-Debatte ein sachlicher Artikel geworden ist.

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    1. Da es sich hier um Werte und Normen handelt, die nicht alle Menschen teilen, ist es auch nicht schlimm, wenn du da anderer Meinung bist, so lange über das Thema diskutiert werden kann und sich nicht beide Seiten uneinsichtig zeigen.

      Gerade das Thema, „Wieviel Armee braucht der Staat oder braucht er sie überhaupt?“ kann ziemlich kontrovers diskutiert werden. Da werden wir uns auch nicht einigen können. Mein Minimalkompromiss ist, dass ich der Bundesrepublik die Bundeswehr zugestehe, ich sie aber wirklich nur als Verteidigungsarmee haben möchte. Ob Deutschland am Hindukusch verteidigt werden muss, ist dann die nächste aufkommende Frage, die ich vor wenigen Jahren mit ja, inzwischen mit nein beantworte.

      Was ich in der Argumentation vergessen habe zu erwähnen ist, dass es sich nicht um eine der üblichen Werbeanzeigen handelt. Es wird nicht ein Produkt vermarktet, dass sich dann die LeserInnen kaufen. Das ist für mich ein großer Unterschied. Produktwerbung kann ich akzeptieren, Werbung, die am Ende darauf abzielt, neue Soldaten zu verpflichten, nicht. Dazu hätte ich mir in der Redaktion eine breite Diskussion gewünscht. Aber vielleicht fand die ja auch statt und wenn nicht, wird sie vielleicht nach dem noch zu schreibenden Leserbrief stattfinden.

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  2. Bin ich jetzt verwirrt? In der 82er Ausgabe ist dann doch die gleichen Werbung dringewesen… Oder meinst du die und hast dich nur vertippt? Und wenn ja, warum kommt die 82er (mit dick und fett Januar drauf) Anfang Februar raus? Ist das immer so?

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    1. Mist! Zahlendreher, aber danke für den Hinweis! Das ist bisher noch keinem aufgefallen und in dem ersten Bericht hab ich schon die falsche Zahl benutzt. Ist nun korrigiert.

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  3. Die Bundeswehr wirbt übrigends nicht nur Männer für den Kriegsdienst an und da das hier ja auch sowas wie ein Hip-Hop Blog ist empfehle ich diesen Song als Antikriegspropaganda

    mfg

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    1. Großer Song! War einer der wenigen, die ich von Deichkind schon früher gut fand. Ich hab den Link mal umgewandelt, so dass das Video direkt angezeigt wird.

      Deine Anmerkung ist richtig. Auch Frauen dürfen zum Bund und zählen somit zur Zielgruppe der Werbung. Das wollte ich nicht unterschlagen.

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  4. Finde ich gut, dass das Thema mal aufgeworfen wird. Wir vom SDS.HGW haben uns auch schon darüber Gedanken gemacht…

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