Geobuntu 2.05 Quicktest

Als Geograph wird man häufig auf die Tätigkeit als Gestalter von Landkarten reduziert. Das ist allerdings nur teilweise richtig, denn Geographie ist sehr breit gefächert. Kartographie gehört aber immer noch zu den Haupttätigkeitsgebieten, die die Gesellschaft mit Geographen verbindet.

Mit dem Siegeszug des digitalen Zeitalters beschränkte sich die Kartenerstellung nicht mehr nur auf das Zeichnen per Hand, sondern auch auf die Arbeit am Computer mit einem so genannten geographischen Informationssystem (GIS). Das sind recht mächtige Programme mit denen Kartendaten analysiert und dargestellt werden können.

Die Firma ESRI mit ihrem Programm ArcGIS ist derzeit Marktführer im Bereich der GIS-Software. Mit ArcGIS arbeiten wir auch an der Uni. Dabei hat das Programm auch einige Macken, wie ich immer wieder feststellen durfte.

GEOBUNTU

Also machte ich mich als Nutzer von OpenSource-Software auf die Suche nach einer Freeware-Lösung. Durch das Eingeben von wenigen Suchbegriffen bin ich sofort zu geobuntu einem Ableger der beliebten Linux-Distribution Ubuntu gelangt.

geobuntu wurde zusammengestellt von der Fachschaft Geoinformatik der Uni Münster. Es basiert auf der Variante Xubuntu mit der ressourcenschonenden Desktop-Umgebung Xfce. Doch richtig interessant an geobuntu sind die vorinstallierten Programme. Freie Geoinformationssysteme, räumliche Datenbanken und Statistikprogramme werden gleich mitgeliefert.

Die LiveCD lässt sich einfach starten, ohne das System auf dem PC zu installieren. So kann Linux einfach ausprobiert werden. Wichtig: im BIOS muss Booten von CD/DVD noch vor dem Booten von der Festplatte aktiviert sein.

Die aktuelle Version von geobuntu heißt „Magellan“ (Version 2.05) und kann einfach als CD-Image heruntergeladen werden.

Screenshot geobuntu 2.05 - Desktop
Screenshot geobuntu 2.05 - Desktop

Ist geobuntu dann gestartet, zeigt sich ein aufgräumter Xfce-Desktop. Dieser ist leider noch nicht komplett übersetzt, so dass sich teilweise englische mit deutschen Menüeinträgen mischen. Hier liegt die Schuld aber an den Machern von Xubuntu.

PROGRAMME

Folgende Sepzialprogramme sind enthalten:

  • Quanttum GIS (QGIS): einfaches Desktop-GIS
  • GRASS GIS: leistungsfähiges freies GIS
  • PostgreSQL/PostGIS: objektrelationale Datenbank, die mit PostGIS-Erweiterung auch räumliche Abfragen und Datentypen unterstützt
  • R: freie Programmiersprache und Statistiksoftware
  • Geany: Texteditor
  • Gnumeric: Tabellenkalkulationsprogramm
  • GPSBabel: liest und schreibt diverse (proprietärer) GPS-Formate
  • fmount: ein Skript, welches fplatte und exch in das System einbindet (innerhalb und außerhalb (über VPN) des Uninetzes)

Alle in Ubuntu vorhandenen Programme können leicht über apt nachinstalliert werden.

Im folgenden werden nur QGIS und GRASS GIS weiter betrachtet. Von dem Statistiktool R weiß ich aus Vorlesungen, dass es sehr gut ist, aber vorraussetzt, dass die nötigen Kommandozeileneingaben beherrscht werden.

GEODATEN

Wer keine Geodaten zur Hand hat, kann sich einfach beim Projekt OpenStreetMap bedienen. Die Geofabrik stellt daraus Daten im OpenStreetMap Format oder als Shape-File bereit. Letzteres kann in sowohl im kommerziellen ArcGIS als auch im freien QGIS benutzt werden. Die Suche nach anderen freien Geodaten von Deutschland gestaltet sich schwierig.

GRASS GIS

GRASS GIS soll das umfangreichste OpenSource-Tool für GIS sein und an ArcGIS rankommen, bei mir hapert es aber schon beim Start des Programms und der Benutzung. Die Screenshots und Beispiele auf der Homepage des Projekts sind aber sehr vielversprechend. Allerdings wohl nicht so einfach zu realisieren. Hier braucht es einige Einarbeitungs- und vor allem Einlesezeit. Daher habe ich mich nicht weiter mit GRASS GIS versucht und nur QGIS einem kurzen Test unterzogen.

QGIS (Version 1.1.0-Pan Unstable)

QGIS macht einen recht übersichtlichen Eindruck und startet auch sofort ohne vorher Einstellungen vorzunehmen. Ich habe mal die OpenStreetMap-Daten von Mecklenburg-Vorpommern reingeladen und in weniger Zeit eine kleine Karte mit hervorgehobenem Eisenbahn-Streckennetz gebastelt. Dabei fiel sofort auf, dass die Farbwahl in QGIS alles andere als schön ist. Die Standardfarbwahl ist sogar sehr hässlich.

QGIS: Bahnlinien in Mecklenburg-Vorpommern
Screenshot QGIS: Bahnlinien in Mecklenburg-Vorpommern

Die so erzeugte Karte kann gleich als Bilddatei abgespeichert werden, oder aber zu einer Karte mit Legende, Überschrift, Maßstab und so weiter verarbeitet werden. Diese Funktion ist aber nicht intuitiv auffindbar. Fast alle Nutzer werden mit einem Druckersymbol in der Menüleiste nicht die so genannte Druckzusammenstellung verbinden. In ArcGIS ist der Wechsel von der Layer- zur Kartenansicht durch einen Reiter möglich.

Ist diese Ansicht aber gefunden, bietet sich hier die Möglichkeit, die Karte mit Extras zu gestalten. Aber auch hier ist die Auswahl recht klein und für professionelle Zwecke eher nicht ausreichend. Mit der Profi-Software ArcGIS bin ich zwar auch häufig nicht zufrieden, weil es oft zu umständlich zu bedienen ist, im Vergleich mit QGIS hat sie aber viele Stärken.

Teilweise ist das Programm schnell überfordert. Mit e00-Dateien für ArcView3 gefüttert, reagiert QGIS sehr sehr langsam und friert auch ein. Das geschieht vor allem bei großen Datensätzen sehr häufig.

UBUNTU

Alternativ kann jeder Ubuntuuser auch diese Programme über andere Repositories installieren. Hierzu bieten sich diese Quellen an. Dort gibt es auch eine ausführliche Anleitung. Man muss aber beachten, dass die Programme dann nicht im Menü auftauchen, sondern über die Shell gestartet werden müssen.

Für Ubuntu 9.04 Jaunty Jackalope müssen dazu folgende Quellen hinzugefügt werden:

deb http://les-ejk.cz/ubuntu jaunty multiverse
deb-src http://les-ejk.cz/ubuntu jaunty multiverse
deb http://ppa.launchpad.net/qgis/ubuntu jaunty main

sowie der Schlüssel per Shell so eingetragen werden:

wget -q http://les-ejk.cz/pgp/JachymCepicky.pgp -O – | sudo apt-key add –

Nun können die Pakete grass und qgis installiert werden. Gestartet werden die Programme dann mit dem Befehl grass64 und qgis.

FAZIT

Die Fachschaft Geoinformatik der Uni Münster hat auf jeden Fall ein Lob für ihre Arbeit verdient. Für Mängel an den Programmen können sie nichts. Allerdings wären vielleicht Beispieldaten oder Tutorials für Nutzer ohne oder mit wenig GIS-Kentnissen definitiv von Vorteil. Auch weil sich die LiveCD an Nutzer wenden soll, die vorher keine Erfahrung mit Linux oder den gelieferten Programmen besitzen.

Ich hoffe, später GRASS GIS noch irgendwie zum Laufen zu bringen und dann einen besseren Bericht über das Programm schreiben zu können. Die Möglichkeiten von QGIS werde ich auch weiter ausleuchten. Für Anfängerzwecke ist es durchaus geeignet.

Alles in allem vielleicht wirklich brauchbare Programme, doch erfordern sie viel Eingewöhnungs- und Einarbeitungszeit, auch für bisherige Nutzer anderer GIS-Software. Die teilweise umständlichen Einstellungen, bis überhaupt etwas läuft und das wenig Intuitive sprechen leider gegen diese Alternativen zu kommerzieller Software.

QGIS und GRASS GIS gibt es auch für Windows und Mac OS zum Download.

4 Kommentare


  1. Hallo,

    danke für deinen Test :). Wir freuen uns, wenn von anderer (unabhängiger) Seite Kommentare bzgl. der Geobuntu Distribution kommen.

    Tutorials und HowTos, oder zumindest eine Readme oder auch eine Zusammenstellung von diversen Links zu Hilfe und Tutorials könnte man definitiv einbauen^^.

    Ich denke, das werden wir bei der nächsten Version berücksichtigen.

    Gruß

    Henning

    Antworten

    1. Hallo Henning,

      ich finde so eine Distribution sehr gut und weiß, dass da auch viel Arbeit hintersteht. Großes Lob nochmal!

      Vielleicht könnt ihr das Projekt ja auch weiter öffnen, so dass weitere Freiwillige sich beteiligen.

      Ubuntu erstellt standardmässig auch einige Beispieldateien im home-Verzeichnis, um die Möglichekeiten aufzuzeigen. Sowas wäre sicherlich auch bei geobuntu gut. Wir machen während unseres Studiums zwar nicht sonderlich viel GIS, doch wenn selbst mir als Ubuntu-Nutzer und Geographie-Student, die Nutzung so schwer fällt, dann braucht es mehr Anleitung. Wie gesagt, für die Qualität der Programme könnt ihr nichts.

      Aber ich bin gespannt, wie sich euer Projekt entwickelt, es scheint ja recht jung zu sein. Also weiter so!

      Gruß an die ehemalige Fahrradhauptstadt

      Olli

      Antworten


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