Lohnsenkungen helfen nicht! *Update*

Spiegel Online berichtet heute über die Forderung auf Lohnverzicht des Wirtschaftswissenschaftler Hagen Lesch vom Institut der deutschen Wirtschaft und Hilmar Schneider vom Forschungsinstitut zur Zukunft der Arbeit (IZA) in der „Bild“-Zeitung.

In Zeiten der weltweiten Wirtschaftskrise sollen die deutschen Arbeitnehmer doch bitte auf Lohn verzichten, damit ihre Unternehmen besser da stehen würden. Diese Forderung hören wir doch seit etlichen Jahren immer und immer wieder.

Selbst dem VWL-Laie sollte aber ein Zusammenhang zwischen sinkenden Löhnen, damit sinkenden Sozialversicherungsbeiträgen und Steueraufkommen, sowie sinkender Kaufkraft möglich erscheinen. Gerade die zurückhaltenden Lohnerhöhungen der letzten Jahre, die unter der Inflationsrate blieben, verschärften nur die Kluft zwischen arm und reich und sorgten für ein Abdriften der Mittelschicht gen Unterschicht. Auch der Binnennachfrage hat es nicht gutgetan. Und nun soll genau dieses Mittel helfen der Wirtschaft auf die Beine zu kommen?

Wenigstens denken nicht alle „Experten“ so.

Der Wirtschaftsexperte Peter Bofinger widerspricht dagegen Forderungen nach Urlaubsverzicht und Lohnsenkungen. […] Bofinger nannte die Lohnsenkungsidee von Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt einen unsinnigen Vorschlag. 1930 seien während der Weltwirtschaftskrise in Deutschland die Löhne für Facharbeiter um 20 Prozent gesenkt worden. „Das Ergebnis dieser Politik ist bekannt. Deutschland in den dreißiger Jahren ist ein eindrucksvolles Beispiel, wie man es nicht machen sollte“, sagte Bofinger.

Dennoch wird die Forderung gerne von den Medien aufgegriffen und breit getreten. Gegner wie Bofinger kommen da eher kaum zu Wort. Neoliberale Mainstream-Medien.

Mal sehen, was uns alles nach der Bundestagswahl 2009 bevor steht. Einige malen da ja den Teufel an die Wand: Massenentlassungen und riesige Löcher im Haushalt, die zu Kürzungen in den sozialen Leistungen führen, die wiederum alles nur weiter verschärfen.

UPDATE 03.08.2009 16:00 Uhr:
Nicht nur Lohnverzicht soll geübt werden, auch sei eine Erhöhung der Mehrwertsteuer alternativlos. Auch diese Taktik wird Menschen mit geringen Einkommen überdurchschnittlich belasten, aber wir wissen ja, Merkel kam schon 2007 mit der Erhöhung auf 19 Prozent durch.

Schön, dass es langsam aber immer mehr Menschen merken, dass hier was schief läuft.

chefarztfraulicher:beobachter: So alternativlos wie Kannibalismus auf den Osterinseln oder Sex mit minderjährigen Haustieren.

Nerdcore: Die Businesskasper, die seit 20 Jahren Lohnverzicht fordern und hier und da alles kürzen und für immer weiteren Sozialabbau lobbyieren und die uns letztendlich die gesamte Finantkrisenscheiße [sic!] eingebrockt haben, sich in dieser Situation vom Staat aus dem selbst veranstalteten Schlamassel mit unserer Kohle haben retten lassen, wovon sie sich erstmal natürlich einen fetten Bonus habenn [sic!] auszahlen lassen… die wagen es tatsächlich, was zu fordern?

7 Kommentare


    1. Oh, da ist ja unser Steuerhinterzieher Nr.1, Klaus Zumwinkel, Chef. Cool! Und die Forderungen nach Verlängerung der Arbeitszeiten, Ablehnung von Mindestlöhnen, Anhebung des Renteneintrittalters sind ja einfach klassisch neoliberale Elemente. Wie war das noch bei den Arbeitszeiten? Da gabs doch letzte Woche eine neue Statistik und Deutschland hatte im Vergleich mit anderen EU-Ländern recht viele Wochenarbeitsstunden.

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      1. „neoliberale Elemente“? Ist das nicht eine Verharmlosung? „urkapitalistisch“ fände ich passender.


      2. Nein, verharmlosen will ich damit nicht. Die Forderungen stammen aber alle aus neoliberalen Thinktanks und klar sind die dann kapitalistisch und helfen nur den Unternehmern und nicht den Arbeitnehmern.


  1. Tja blöderweise gibt es nicht nur die VWL sondern auch die BWL. Was in der VWL das Einkommen ist, also ein positiver Wert, ist zur selben Zeit in der BWL der Lohn, also ein Kostenfaktor, mithin negativ.
    VWL und BWL schließen sich als Wissenschaften gegenseitig aus.

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    1. VWL- und BWL-Wissenschaftler sollten unbedingt miteinander reden und ihren Studierenden beide Sichtweisen beibringen. Aus Sicht der jeweils anderen Wissenschaft ist die eigene Sichtweise falsch. Zur Zeit gibt es gefühlt mehr BWLer, die auch den Diskurs in der Gesellschaft so beeinflussen, dass Löhne nur als Kosten wahrgenommen werden und nicht als Einkommen, dass die Binnennachfrage positiv beeinflussen kann.

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