Regionale Disparitäten: Armutsverteilung 2007

Armutsquote Deutschland nach Bundesländern (Stand 2007). Quelle: Paritätischer Wohlfahrtsverband
Armutsquote Deutschland nach Bundesländern (Stand 2007). Quelle: Paritätischer Wohlfahrtsverband

Der Paritätische Wohlfahrtsverband (einigen Männern als Träger vieler Zivildiensteinrichtungen bekannt) veröffentlichte heute eine den „Ersten Armutsatlas für Regionen in Deutschland“, der auf den Daten des Mikrozensus 2007 des Statistischen Bundesamtes beruhen.

Doch wie definiert sich überhaupt arm? Per Definition des Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung gilt als armutsgefähredet, wer über weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens (Medianeinkommen) verfügt. Für eine alleinlebende Person ohne Kind betrug die Armutsgrenze 764 Euro (Stand 2007). Studierende mit vollem BAföG-Satz (643 Euro) und ohne Zusatzverdienst leben somit unter dieser Grenze, sowie viele weitere Menschen auch.

Die durchschnittliche Armutsquote in Deutschland betrug 14, 3 Prozent. Regional variiert diese Quote allerdings beträchtlich. Gelten in Baden-Würtemberg nur 10 Prozent der Bevölkerung als arm, sind es in Mecklenburg-Vorpommern 24,3 Prozent und damit jeder fünfte Mensch. Die neuen Bundesländer liegen alle deutlich über dem Bundesdurchschnitt, doch auch die alten Bundesländer sind nicht einheitlich. Dort gibt es ein Nord-Süd-Gefälle. Und auch in den einzelnen Bundesländern gibt es reichere oder ärmere Regionen. Dies wird in der kleinteiligeren Auflösung deutlich.

Armutsquote in Mecklenburg-Vorpommern (Stand 2007)
Armutsquote in Mecklenburg-Vorpommern nach Raumordnungsregionen (Stand 2007). Quelle: Paritätischer Wohlfahrtsverband

Die weitere regionale Differenzierung erfolgt nicht auf Kreisebene, sondern nach Raumordnungsregionen. In dieser Kategorisierung ist Greifswald mit der Stadt Stralsund und den Kreisen Nordvorpommern, Ostvorpommern, Rügen, Uecker-Randow in der Raumordnungsregion Vorpommern zusammengefasst. Eine weitergehende Unterscheidung nach Kreisen würde vielleicht bessere Werte für Greifswald und schlechtere für Uecker-Randow offenbaren.

Vorpommern hat wieder die rote Laterne. 27 Prozent – so hoch ist in dieser Raumordnungsregion die Armutsquote. Drei der vier Raumordnungsregionen in Mecklenburg-Vorpommern weisen die bundesweit höchsten Armutsquoten auf. Mecklenburg-Vorpommern ist mal wieder Schlußlicht.

Aufmerksame LeserInnen haben sicher schon bemerkt, wie die regionale Verteilung der Armutsquoten mit anderen hier schon veröffentlichten Studien korreliert. Der Kartenvergleich Deutschlands nach Kaufkraft, Bevölkerungsentwicklung (Vorsicht! Alles nur eine Schätzungen; wer hätte Pillenknick oder Deutsche Einheit vorhersehen können?), oder Verteilung der Geringverdiener zeichnet doch ein deutliches Bild der regionalen Disparitäten und eines armen deutschen Ostens.

Laut Raumordnungsgesetz (ROG) §1 sollen in Deutschland gleichwertige Lebensverhältnisse in allen Teilräumen hergestellt werden. Das ist eines der wichtigsten Ziele für Raumordner und Landesplaner. Das hier gezeigte Bild ist leider ein anderes, das Ziel scheint unendlich fern. Gleichwertig heißt nicht gleich, aber die Unterschiede sind so groß, dass sich wirklich die Frage stellt, wie zerissen das Land in Bezug auf Wohlstand ist.

Die aktuelle Weltwirtschaftskrise mit einem einbrechenden Bruttosozialprodukt, sowie steigenden Arbeitslosenzahlen läßt harte Auswirkungen auf die Armutsgefährdung vermuten.

Unter diesen Gesichtspunkten würde die Weiterverfolgung des keynesianischen Ansatzes durchaus Sinn machen. Hier besteht ein enormes brachliegendes Konsumpotential, das die Binnennachfrage erhöhen kann und die Abhängigkeit vom Export verrringern kann. Denn die armen Schichten sparen, um sich das zum Überleben Notwendige zu kaufen. Haben sie mehr Geld, befriedigen sie die nächsten Konsumwünsche, bevor sie ihr Geld dann irgendwann anlegen und sparen. Besser als Spitzenverdiener zu entlasten oder die Abwrackprämie aufzustocken.

Den Atlas der Armut gibt es ganz interaktiv im Internet unter www.armutsatlas.de.

Mehr dazu auch bei Telepolis und SPIEGEL online.

3 Kommentare



  1. Die Statistik wird dadurch verfälscht, dass es nur einen Armutswert für ganz Deutschland gibt. Würde man die selbe Definition (60 Prozent des mittleren Einkommens) nicht bundesweit sondern regional berechnen, würden sich die Unterschiede abschwächen. Schließlich sind die Mieten und viele andere Preise regional unterschiedlich. In Berlin kommt man mit 764 Euro halbwegs über die Runden, in Stuttgart wahrscheinlich nicht.

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    1. Endlich! Endlich jemand, der mal die Statistik kritisiert. Das wird viel zu wenig gemacht und ich hab auch lange drauf gewartet.

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